Snapchat und Beme braucht kein Mensch.




Hui, das ist ne krasse Behauptung. Meine ich aber tatsächlich relativ ernst. Ich bin Ende 20 und mit den meisten Sozialen Netzwerken und Anwendungen vertraut. Ich will hier also nicht in Manier eines alten Greises über neue Apps wettern, die ich einfach nicht verstehe und auf die ich mich nicht einlassen will. Ich bin immer offen für Neues, probiere gern was aus und denke, dass hier noch lange nicht das volle Potential ausgeschöpft ist.

Bei Apps wie Snapchat und Beme bin ich mir jedoch mehr und mehr unsicher, was diese Anwendungen für einen Nutzen haben und welcher Mehrwert sich für die Nutzer ergibt. Bzw. bin ich mir eigentlich ziemlich sicher: nämlich keinen! 

Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter:
Anwendungen wie Snapchat und Beme widersprechen nicht nur dem eigentlichen Social Media Grundwert, sondern stellen auch eine Gefahr für die Online-Reputation (jüngerer) User dar. 

Aber schalten wir nochmal einen Gang zurück und gehen auf Anfang: Was ist Snapchat und Beme überhaupt? 
Es handelt sich bei beiden Anwendungen um Smartphone Apps, mit denen ich Fotos und Videos aufnehmen und veröffentlichen kann. Während man bei Snapchat sowohl Fotos als auch Videos postet, dreht es sich bei Beme nur um die Aufzeichnung von Videos. Was beide Apps gemeinsam haben: Ich veröffentliche meine Inhalte nur für einen begrenzten Zeitraum - meistens nur für ein paar Sekunden. So lange können andere User sich mein Bild oder Video dann ansehen, danach war es das. 

Das klingt eigentlich ganz gut und fast schon total Safe, denn somit kann man vermeiden, dass sich ein (ungewolltes) Bild weit verbreitet. Das es sich dabei in Zeiten der großen Datenkrake, Servern im Ausland und Leaks aber um einen Trugschluss handelt, ist schnell erkannt. Was einmal im Internet ist, bleibt auch dort! 

Beme hebt sich durch eine besondere Funktion hervor, denn der Aufnahme-Modus ist so angelegt, dass man seine Videos nicht mehr bearbeiten, schneiden oder retuschieren kann. Sie werden direkt nach der Aufnahme gepostet. Eine Maßnahme, mit der die Authentizität bewahrt und wiederhergestellt werden soll, so der Erfinder der App. 

Doch auch das halte ich für einen Trugschluss und letztendlich sogar für die eigentliche Gefahr! Denn erstens, kommt es auf die Szenerie an, wie authentisch und „echt“ meine Aufnahme im Nachhinein ist, nicht auf den Aufnahmemodus. Und zweitens kann „authentisch“ in diesem Fall auch bedeuten, dass ich vorab nicht nochmal prüfen kann, ob das Video nicht doch ein Fehler wäre zu posten oder ungewollte Informationen damit gezeigt werden (Stichwort „Eigentlich trage ich keine Hose, wie man im Spiegel hinter mir sieht“). Beme Erfinder Casey Neistat nennt das "Honest". Ich nenne es Bullshit, denn bis auf die Tatsache, dass das Web damit noch mehr mit sinnlosen Inhalten zugemüllt wird, trägt das null dazu bei, dass Aufnahmen echter sind. 

Ich will mich im Grunde gar nicht gegen diese beiden Apps speziell stellen, sondern vielmehr ein Mitdenken provozieren. Snapchat ist bereits ein riesen Erfolg und wird von hunderttausenden Jugendlichen benutzt. Beme will das auch und sorgt aktuell für viel Berichterstattung im Netz - wenn auch mit eher negativer Beurteilung. Beide Apps zielen auf einen Mechanismus ab: So einfach und schnell wie möglich Inhalte publizieren, ohne auch nur einen Schritt zu viel machen zu müssen. Qualität? Eher egal! Kontrolle?! Ach was, hauptsache schnell gepostet. Natürlich sollte eine App unkompliziert funktionieren. Aber als User sollten wir nicht zu faul werden auf Kosten der Qualität und Kontrolle. Diese beiden Aspekte sind wichtige Grundsätze, wenn man sich sein Social Media Profil aufbaut und sich damit nach Außen präsentieren möchte.

Ich finde, dass solche Apps daher nicht leichtfertig genutzt werden sollten. Eigentlich setzen sie ein unheimliches Verständnis und Feingefühl für die Gefahren und Konsequenzen im Netz voraus. Natürlich wachsen die Kids grad damit auf und lernen total schnell, wie sie das alles benutzen. Aber das bedeutet nicht, dass sie sich der Gefahren bewusst sind und diese auch bewusst vermeiden. Sie sind erstmal begeistert von allem was neu ist, bunt flimmert und die Freunde auch nutzen - der App-Store kann dann auch mal schnell zur digitalen Raucherecke werden, in dem ich im Gruppenzwang mal ne Anwendung ausprobiere, alles  ganz cool erscheint und die Hemmschwelle in der Nutzung von Tag zu Tag sinkt. Am Ende poste ich völlig selbstverständlich zu jederzeit Bilder von mir und verliere langsam das Gefühl dafür, wie schnell das nach hinten losgehen kann.

Nicht umsonst weiß man inzwischen, wie diverse Teenie-Stars nackt aussehen und welche Drogen sie bevorzugen. Die haben aber auch die nötige Kohle, um da entweder drauf zu scheißen oder sich nen guten Therapeuten zu leisten. Wer das nicht kann, sieht sich ganz schnell täglichem Mobbing ausgesetzt, riskiert gute Berufs-Chancen und findet Gefallen an langsam daherkommenden Selbstmordgedanken – klingt übertrieben, ist aber alles leider schon passiert. Und alles unter Umständen nur wegen eines unsinnig veröffentlichten Bildes oder Videos.

Update: Hier ein aktueller Fall einer 14-jährigen, die 8 Monate unter den Konsequenzen leichtsinnig verschickter Fotos leiden musste.

Schon vor Snapchat und Co. war ich der Meinung, dass der Umgang mit den sozialen Medien ein unheimlich wichtiges Erziehungsthema ist und es daher zwingend notwendig ist, dass sich Eltern und Lehrer in diesem Bereich auf dem Laufenden halten. Die Kids lernen das automatisch, müssen aber ein Gefühl dafür bekommen, wie ein angemessener Umgang mit den Medien aussieht, welche Gefahren und welche Chancen das mit sich bringt. Sätze wie "Ich finde mich da schon nicht mehr zurecht, die Kleinen erklären inzwischen mir, wie das alles funktioniert." und "Meine Hobbys sind Selfies machen und verschicken." sind in diesem Sinne nicht akzeptabel. 

Da ich an der Stelle nicht noch weiter ausschweifen möchte, bin ich hier erstmal am Ende und hoffe verständlich gemacht zu haben, worum es mir geht. Die eingangs aufgestellte Behauptung sollte natürlich erstmal nur provozieren. Denn sicherlich macht es auch Spaß, Apps wie Snapchat und Beme zu nutzen. Wer eine kreative Idee hat, kann sich hier toll austoben. Man sollte sich jedoch im Klaren sein, worauf man sich einlässt.


Ganz fertig bin ich mit dem Thema noch nicht. Ein paar Gedanken schwirren mir dazu noch durch den Kopf. Euch auch?! Dann schreibt's in die Kommentare. 

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